SILLY – (N)Ostalgie in der Münchner Muffathalle

Silly  – Wutfänger Tour  2016
Sonntag, 13.11.2016 München, Muffathalle
Support: 108 Fahrenheit

Wer zu DDR-Zeiten aufwuchs, der kam an den „Big 4“ des Ostrock, Puhdys, Silly, Karat und City nicht vorbei. Und auch nach dem Mauerfall hatten die Ostrock Legenden nichts von ihrer Popularität verloren. Und so erschienen zahlreiche Anhänger am Sonntag, 13.11.2016 in der Bayerischen Landeshauptstadt um mit Silly einen Abend voll (N)Ostalgie zu erleben.
Eine Supportband ist oftmals ein notwendiges Übel, wenn man sehnsüchtig den Headliner erwartet. Umso erfreulicher ist es, wenn man es entdeckt, dieses eine musikalische Juwel, welches einen zusätzlich den Abend versüßt. So geschehen mit dem Trio 108 Fahrenheit. Ein Kontrabass, Gitarre und ein Banjo bildeten einen wunderbaren Klangteppich für die außergewöhnliche Stimme des Sängers Kai Niemann. Rau und voller Melancholie trafen die Songs mit den großartigen, teils traurigen Texten mitten ins Herz. Lieder, welche zum Nachdenken anregten und die Zuhörer auf eine Reise mitnahmen. Stilistisch zwischen Pop, Rock, Folk und Country angesiedelt, sind 108 Fahrenheit ein absoluter musikalischer Geheimtipp für Freunde ehrlicher, handgemachter Musik mit ausdrucksstarken, deutschen Texten. Die „Zugabe!“ Forderung der Fans konnte leider wegen des straffen Zeitplanes nicht erfüllt werden. Gerne hätte man dem Trio länger gelauscht. Mit ihrem Debütalbum „Mein Herz“ legten 108 Fahrenheit die Messlatte verdammt hoch und man darf auf das nachfolgende Meisterwerk gespannt sein. „Mein Herz“ gehört definitiv in jede gutsortierte Musiksammlung.

Nach diesem perfekten Einstand stieg die Vorfreude auf Silly umso mehr. Mit einer gigantischen Lichtshow im Gepäck enterte die Band unter einem riesigen Jubel die Bühne. Seit mittlerweile 10 Jahren ist die Schauspielern Anna Loos die Sängerin von Silly. Kann Anna, die viel zu früh verstorbene, charismatische Tamara Danz mit ihrer einmaligen, rockigen Stimme ersetzen?

Ganz klar, nein – kann sie nicht, denn Anna drückt mir ihrer Ausstrahlung und ihrer Stimme der Band einen ganz neuen, eigenen Stempel auf. Der Beginn einer neuen Silly-Ära. Doch auch die alten Hits bekommen eine ganz neue Note und so war es auch nicht verwunderlich, dass Klassiker wie „Verlorene Kinder“ oder „Bataillon d’Amour“ früh im Set gespielt und von den Fans frenetisch abgefeiert und lauthals mitgesungen wurden. Die „Furcht der Fische“ und die beiden Songs vom aktuellen Album „Regenbogenmond“ und „Das haben wir erlebt“ funktionierten live außerordentlich gut.

Anna sprang immer wieder mit einem Lächeln im Gesicht über die Bühne und auch Uwe Hassbecker, Ritchie Barton und Jäcki Reznicek sah man die Spielfreude in jeder Minute an. Silly hatten nicht nur rockige Songs im Gepäck, sondern zauberten mit ihrer Lichtshow und einem Akustik Teil eine ganz besondere Atmosphäre in die Halle. „Wutfänger“, „Ich sag nicht ja“, „Deine Stärken“ und „Mont Klamott“ dürften wohl so manchem Konzertbesucher Gänsehautschauer über den Rücken gejagt haben und für viele der Höhepunkt des Konzerts gewesen sein. Ein besonderer Moment war, als die Musiker alle mit umgehängten Trommeln „bewaffnet“ auf die Bühne kamen und die Menge mit dem treibenden Rhythmus von „Vaterland“ noch einmal ordentlich anheizten. Zum Schluss war „Alles Rot“, bevor mit „Atme“ ein eindringlicher Konzertabend sein Ende fand.
Silly sind immer noch eine Band, die sich ihre kritische Sichtweise auf die Geschehnisse in der Welt bewahrt hat. Eingefleischte Ostalgiker werden sich mit dem „neuen“ Silly nicht wirklich anfreunden können. Doch wer bereit ist sich auf Anna und die Band einzulassen, der wird mit nachhaltigen Songs, welche musikalisch perfekt umgesetzt sind, belohnt.

Text: Sandra Baumgartl

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