Schöner gelegen könnte ein Festivalgelände kaum liegen. Doch es sind nicht nur die sanften, grünen Hügel nahe Dischingen im Kreis Heidenheim und das zum Baden einladende Gewässer, die auch in diesem Jahr an beiden Tagen wieder je 4000 Metal-Fans zum ROCK AM HÄRTSFELDSEE zogen. Die gelassene, freundliche Atmosphäre, das überschaubare Gelände, die kurzen Wege und vor allem die gute Organisation von Fans für Fans haben dafür gesorgt, dass das Event bereits Wochen zuvor krachend ausverkauft war.
Tagsüber im See das Schwimmtier reiten, danach bei Heavy Metal aus der eigenen Boombox grillen, noch eben eine Schneemaß im Pavillon nehmen und dann ins Festivalzelt, um kräftig die Mähne zu schwingen – all das gehört zu dem sympathischen kleinen Schwermetall-Event im Herzen Schwabens. Das Catering bietet sogar Schmalzbrot sowie Apfelmost an und bringt damit Lokalkolorit ins kulinarische Lineup.
Was indes ebenfalls Jahr für Jahr untrennbar mit dem „RaH“ verbunden ist, sind teils schwere, unwetterartige Gewitter. Auch das sollte sich heuer nicht ändern. Und so baten die Veranstalter, erst am Freitag anzureisen, da am Donnerstag mit Unwettern zu rechnen war. Dennoch präsentierte sich das Campgelände schon am Donnerstagmittag so voll wie selten zuvor. Petrus hatte indes Gnade, das Gewitter brachte zwar eine Menge Regen, war im Vergleich zu anderen Jahren jedoch eher harmlos.
Und so stand schließlich dem reibungslosen und friedlichen Verlauf des Festivals nichts mehr im Wege. Die Ordner hatten mit der Menge wie immer kaum Arbeit und die Security vor der Bühne war einzig damit beschäftigt, die Crowdsurfer entgegen zu nehmen und wieder sicher auf die eigenen Beine zustellen.
Wer zur 25. Auflage des Festivals indes ein von Top-Acts gespicktes Lineup erwartet hatte, sah sich enttäuscht. Am Freitag präsentierte der Veranstalter die schwedische Power-Metal-Formation HAMMERFALL als Headliner, am Samstag führten EISBRECHER das Lineup an. Dennoch warteten einige musikalische Leckerbissen auf die Fans.
Standesgemäß eröffnete ein Lokalmatador das Festival. Die Heidenheimer Band UNDERTOW ist in der Region schon seit fast drei Jahrzehnten ein Geheimtipp für alle, die auf aggressive, thrashige Metal Attacken, gepaart mit melodiösen Passagen stehen. So legte sich die Band um Frontmann und Shouter Joschi Baschin mächtig ins Zeug, auch wenn die Kulisse vor der Band noch dürftig war. Allerdings scheiterten die vier Heidenheimer an dem breiigen Sound.
Immerhin schon zwei Jahrzehnte hat der Pagan- und Melodic-Death-Act WOLFCHANT bereits auf dem Buckel. Die Niederbayern kamen mit ihrer aktuellen Single namens „Witchfinder“ an den Härtsfeldsee, die von den Fans im Zelt gefeiert wurde. Das bombastische Material zeichnet sich besonders durch Duette der beiden Sänger, eine Kombination aus Klargesang und Screaming aus. Und so litten die äußerst abwechslungsreichen Songs wie etwa das epische „Bloodwinter“ oder die Mitgröhl-Hymne „Das Bollwerk“ einzig unter dem noch immer mauen Sound.
Aus Osnabrück war die Dark-Metal-Band NACHTBLUT angereist. Im schwarz-weißen Corpse Paint zelebrierten die Dunkelheimer um den charismatischen Sänger Askeroth ihr abwechslungsreiches Material a la „Lied für die Götter“ oder „Die Toten vergessen nicht“. Beim mitreißenden „Leierkinder“ flogen die Mähnen und die Menge tanzte begeistert. Und mit ihrer Dark-Metal-Coverversion vom Die-Prinzen-Song „Alles nur geklaut“ brachten die Niedersachsen die Menge schließlich endgültig zum Kochen.
Mit gänzlich anderer Mucke haben sich MR. HURLEY & DIE PULVERAFFEN ins RaH-Lineup verirrt. Im Piratenoutfit, Madoline, Quetschkommode und jeder Menge leuchtendgrünem Pfefferminzlikör statt goldenem Rum brachte die Osnabrücker Formation ihre alkoholgeschwängerten Songs a la´„Tortuga“ und „Seemannsgrab“ dar. Die schwer an rheinische Karnevalsmucke erinnernde Musik füllte das Zelt verblüffenderweise ordentlich und brachte die Menge zum Tanzen und Crowdsurfen. Die Band minzte sich durch ihr Programm und heizte der Menge kräftig ein. Prost!
Die Lautstärke der Münchener Band EMIL BULLS war ebenso brachial wie die Musik, die sie dem mittlerweile prall gefüllten Zelt um die Ohren hauten. Die Nu-Metal- und Metalcore-Formation heizte mit Songs a la „The Devil and the Deep Blue Sea“ zumindest denjenigen tüchtig ein, die mit der Lautstärke umgehen konnten. Sänger Christ zeigte nicht nur unglaubliche Dynamik in allen Ecken der Bühne, sondern organisierte obendrein immer wieder amtliche Circle Pits und sogar eine Wall of Death. Die Menge war eingeheizt für den Headliner des Abends.
Die omnipräsenten Schweden von HAMMERFALL gehören mittlerweile zwingend zu Open Air Festivals wie warmes Dosenbier und verkohltes Grillfleisch. Solide, dynamische Auftritte sind ihr Markenzeichen – damit allerdings auch ohne große Überraschungen. Das Publikum kannte das Material also in- und auswendig. Die Gassenhauer a la „Renegade“, „Bloodbound“, „Last Man Standing“, „Hearts On Fire“ sangen die Fans inbrünstig mit. Selbst wenn jeder Anwesende Hammerfall bis dahin gefühlt 180 Mal gesehen hatte, begeisterten die Mannen um Sänger Joacim Cans einmal mehr.
Text+Fotos: Thomas Mendle