Overkill – Killfest 2016
Montag, 07.11.2016 München, Backstage Halle
Support: Shredhead, Desecrator, Crowbar
Der Montag verliert direkt seinen Schrecken, wenn man diesen mit einer gepflegten Metal-Party ausklingen lassen kann. Und so fanden sich zahlreiche Schädelschwinger am 07.11.2016 im Münchner Backstage ein, um diesen zu später Stunde wieder ausgelaugt und mit schmerzenden Nackenmuskeln zu verlassen. Killfest – hier war der Name Programm.
Pünktlich schredderten die Israelis von Shredhead wild drauf los und brachten schon die ersten Headbanger in Wallungen. Schreihals Aharon Ragoza brüllte sich die Seele aus dem wohlgenährten Leib und wurde tatkräftig von der Axtfraktion unterstützt. Ihr moderner, coriger Metal kam bei den Fans gut an und machte Lust auf mehr.
Wenn man Bands nach Schriftzügen in Genres einordnet, trifft man vor allem bei Black- und Death Metal-Combos fast immer ins Schwarze. Und so konnte es sich bei Desecrator auch nur um eine Thrash Metal-Truppe handeln. Richtig getippt und das Quartett stellte seine Qualitäten auch direkt unter Beweis. Die Australier holzten sich frech und mit viel Energie durch ihr Set. Die Jungs hatten zwar die Haare nicht besonders schön, aber an diesem Abend gab es auch keinen Topmodel Wettbewerb zu gewinnen. Spielerisch und technisch gab es nix zu meckern und auch der Sound dröhnte druckvoll aus den Boxen.
In Sachen Dröhnung wurde jetzt noch eine ordentliche Schippe draufgepackt, denn Crowbar standen als nächstes auf dem Programm. Mr. „Cool“ Kirk Windstein werkelte selbst beim Soundcheck auf der Bühne herum und überließ nichts dem Zufall. Und dann, vom ersten Akkord an, zogen Crowbar die Meute vor der Bühne direkt in ihren doomigen Bann. Der Sound wummerte böse und brachial aus den Boxen und drang bis tief in den Magen ein und brachte diesen zum Vibrieren. Rauschebart Kirk Windstein röhrte aus tiefster Seele und Bassist Todd „Sexy T“ Strange zauberte die fiesesten Basslinien aus dem Ärmel. Die Schädelschwinger vor der Bühne flippten komplett aus und Haare flogen wohin man sah. Das „Sumpfmonster“ aus New Orleans mit Namen Crowbar hatte wieder einmal zugeschlagen.
Auf der Bühne wurde ein letztes Mal umgebaut und Platz geschaffen für den sehnsüchtig erwarteten Headliner des Abends. Das Sci-Fi Intro erklang und Bobby „Blitz“ Ellsworth stürmte mit seinen Mannen auf die Bühne und das Backstage schien zu explodieren. Vom ersten Ton von „Armorist“ an dirigierten Overkill ihre Fans in eine Richtung und diese hieß voll auf die Fresse. Fliegende Matten vor und auf der Bühne, Circle Pits ohne Ende, die Energie im Raum war unglaublich. Bobby flitzte wie ein Flummy über die Bühne und stand unter Dauerstrom. Die Kraft und Präsenz, welche er immer noch versprüht, sucht seines Gleichen. Kaum zu glauben, dass dieses „Tier“, welches schon dem Krebs und einem Schlaganfall ein Schnippchen schlug, schon 57 (!!) Jahre auf dem Buckel hat. Mit seiner Ausstrahlung und seiner Figur ließ er manch Zwanzigjährigen alt aussehen. Gnadenlos pflügten Overkill durch ihr Set, welches man schon getrost als kleines „Best Of“ bezeichnen konnte. „Rotten To The Core“, „Electric Rattlesnake“, „In Union We Stand“ und „Hammerhead“ standen genau so auf der Setlist wie „Feel The Fire“, „Coma“ oder „Infectious“. Die Spielfreude welche die Band ausstrahlte übertrug sich direkt auf die Fans und diese dankten es ihnen mit ausufernden Moshpits und rotierenden Nackenmuskeln. Die Interaktion mit dem Publikum funktionierte 1a. Dave Linsk grinste in einer Tour und schüttelte messerscharfe Riffs aus dem Ärmel, D. D. Verni ließ seinen Bass wummern und auch Derek Tailer bewiess immer wieder, dass er sein Griffbrett aus dem FF beherrschte. Mit einem genialen Thin Lizzy Cover des Songs „Emerald“ entschwanden Overkill von der Bühne. Aber natürlich kamen die Amis ohne Zugabe nicht davon. Völlig verschwitzt und ausgelaugt stürzten sich die Band und die Fans in die letzte Runde. „Ironbound“, „Elimination“ und natürlich das obligatorische „Fuck You“ machten auch dem Letzten noch den Garaus. Ein unglaubliches Thrashgewitter, welches an diesem Abend in der Backstage Halle niederging und nichts als glückliche und erschöpfte Fans zurückließ.
Nach mehr als dreißig Jahren sind Overkill live immer noch eine Macht. Die Energie, welche die Band versprüht, ist einfach unbeschreiblich. Auch wenn Bobby „Blitz“ Ellsworth straff auf die Sechzig zugeht brauchen wir uns um die Zukunft von Overkill keine Sorgen machen, denn sie sind wie guter Wein – je älter, desto besser!
Text: Sandra Baumgartl