Clutch – Book Of Bad Decisions Tour 2018
Donnerstag, 13.12.2018
Support:The Picturebooks, The Inspector Cluzo
Seit mittlerweile 27 Jahren mischen Clutch die Stoner Rockszene auf und haben sich in dieser Zeit eine treue Fangemeinde erspielt. Treten Clutch in Deutschland auf, sind ihre Shows regelmäßig ausverkauft. Und so war auch am Donnerstag, den 13.12.2018, das Backstage Werk bis zum Bersten gefüllt.
Den Abend eröffneten die genialen Picturebooks. Das Duo war schon öfter in der Landeshauptstadt zu Gast u.a. als Support von Monster Truck oder im vergangen Jahr auf Headliner-Tour. Und so war es auch kein Wunder, dass viele Fans in der Halle den Auftritt kaum erwarten konnten. Auch wenn die Picturebooks zutiefst amerikanisch klingen, stammen Fynn Claus Grabke und Philipp Mirtschink aus Gütersloh.
Mit „PCH Diamond“ starteten die beiden furios in ihr Set und bescherten dem Backstage einen „Wardance“ vom Feinsten. Philipp „The Beast“ Mirtschink drosch mit seinen riesigen Klöppeln auf sein Schlagzeug ein, dass einem Angst und Bange wurde und unterstrich hin und wieder mit Schellen und einer Glocke den unverwechselbaren Sound der Band. Sänger Fynn Claus Grabke suchte direkt von Anfang an den Kontakt zu den Fans und entlockte seiner verzerrten Gitarre die erstaunlichsten Töne. Das Duo setzte eine Energie auf der Bühne frei, welche schier unglaublich war. „I Need That Oooh“ und „The Rabbit And The Wolf“ ließen die Stimmung zu dieser frühen Stunde schon weiter steigen. Mit „Your Kisses Burn Like Fire“ ging ein leider viel zu kurzer Gig des Duos zu Ende. Wer die Jungs wiedersehen möchte, der bekommt am 12.04.2019 die Gelegenheit dazu: Dann kehren die Picturebooks, mit neuem Album „The Hands Of Time“, welches im März 2019 erscheinen wird, nach München zurück.
Die aus Frankreich stammenden The Inspector Cluzo traten ebenfalls als Duo auf. Die bekennenden Bassisten-Hasser, Schlagzeuger Mathieu ‚Phil‘ Jourdain im feinen Zwirn mit Krawatte und der leicht „abgerissene“ Sänger und Gitarrist Laurent ‚Malcom‘ Lacrouts mit Zottelhaaren und Ziegenbart, brachten ihre Abneigung gegen die Tieftöner sogar im ursprünglichen Namen ihrer Homepage zum Ausdruck: fuckthebassplayer.com
Die schrägen Vögel stellten direkt am Anfang klar, dass Paris nicht zu Frankreich gehört und das wahre Herz der „Grande Nation“ in der Gascogne schlägt. Neben der Musik betreiben die Herren einen Biobauernhof und so wurde gleich zu Anfang in bester Giftzwergmanier gegen Monsanto, Glyphosat und Bayer gewettert, bevor es dann endlich ziemlich abgedreht musikalisch zur Sache ging. The Inspector Cluzo verwursteten Rock‘ n‘ Roll, Rap, Jazz, Blues, Funk und Soul zu einer rasanten unvorhersehbaren musikalischen Mischung. Stellenweise erinnerten die Riffs und Licks an „Chaos A.D.“ oder „Policia“ der brasilianischen Thrash Legenden von Sepultura. Ein wahrer musikalischer Höllenritt der teilweise recht anstrengend wurde, vor allem bei den hohen Stimmlagen von Sänger Laurent hätte man sich ab und zu gewünscht, er möge einfach nur die Klappe halten, während er in den tiefen Lagen fett rockte. The Inspector Cluzo lösten in den Fans entweder wahre Begeisterungsstürme aus oder ließen diese in absoluter Ratlosigkeit zurück.
Als Clutch nach einer gefühlt endlos dauernden Umbaupause die Bühne enterten, versetzten diese die Fans in den ersten Reihen direkt in Ekstase. Mit „Spirit of 76“, „Barbarella“ und „Noble Savage“ brachte das Quartett die Party auf Touren. Wer Clutch einmal live erlebte, der kann sich dieser Band einfach nicht mehr entziehen. Seit ihrer Gründung Anfang der Neunziger gab es bei Clutch keinerlei Besetzungswechsel. Gitarrist Tim Sault hinterließ einen etwas gelangweilten Eindruck, bewegte sich wie immer kaum und schaute krampfhaft auf sein Griffbrett. Ob er überhaupt jemals einen Blick ins Publikum warf, wage ich zu bezweifeln. Auch Bassist Dan Maines ist eher der Bewegungslegastheniker, grinste aber doch hin und wieder ins Publikum genau wie Jean-Paul Gaster hinter seiner Schießbude, einer der coolsten und lässigsten Drummer überhaupt. Aushängeschild von Clutch ist Sänger Neil Fallon. Er tigerte über die Bühne und unterstrich jeden Song mit seiner dramatischen Mimik und Gestik. Wie ein Prediger brachte er seine Songbotschaft leidenschaftlich unters Volk und seine Anhänger hingen gebannt an seinen Lippen und sangen jeden Hit lauthals mit. „Sucker For The Witch“, „Animal Farm“ oder „Vision Quest“ ließen Fallon zu Höchstform auflaufen und auch die Fans ließen ihrer Energie in kleinen Pits und beim Crowdsurfen freien Lauf. Das Backstage Werk bebte und die Stimmung war einfach grandios. Als Clutch bereits nach einer knappen Stunde die Bühne verließen, verlangte das Publikum lauthals nach einer Zugabe. Nach „Good Fire“ und „Weird Times“ war aber dann endgültig Schluss. Zurück blieben restlos begeisterte Musikfans, die mit einem fetten Grinsen im Gesicht in die frostige Nacht entschwanden.
Clutch sind eine brilliante Liveband mit einer weltweiten Fangemeinde, die ihnen geradezu kultisch verfallen ist. Dies hat die Band fast ausnahmslos ihrem charismatischen Fronter Neil Fallon zu verdanken. Ihre Alben sind musikalische Meilensteine, doch erst auf der Bühne können Clutch ihre ganzen Qualitäten ausspielen.
(Text+Fotos: Sandra Baumgartl)