PYRASER CLASSIC ROCK NIGHT – Sommer, Sonne, Bier und Heavy Metal


Die Pyraser Classic Rock Night hat in diesem Jahr am Samstag, den 28.07.2018 ihr Jubiläum gefeiert. Bereits zum zehnten Mal öffnete die kleine Brauerei in Pyras ihren Gutshof für die Anhänger der härteren Klänge. Denn nichts passt besser zusammen als eine eiskalte Hopfenschorle und fetter Rock.

Die Temperatur und die Feierlaune der Fans betrug gefühlte 666 Grad. Bier und andere Getränke flossen in Strömen und bescherten der Brauerei wohl den Großteil des Jahresumsatzes. Biertische und -bänke sowie Sonnenschirme gab es zuhauf, so dass jeder ein schattiges Plätzchen finden konnte. Und auch für das leibliche Wohl war bestens gesorgt.

Neben dem leckeren Gerstensaft war es wohl das diesjährige Line-up, welches den Veranstalter schon im Vorfeld ausverkauftes Haus vermelden ließ. Eine gelungene Mischung aus melodischem Hardrock von Crystal Ball oder Mr. Big und Heavy Metal der NWoBHM-Legenden von Saxon ließen die Herzen der Fans höherschlagen.

Die Schweizer von Crystal Ball eröffneten um 13:30 Uhr das Festival mit ihrem eingängigen Hardrock. Mit dem neuen Album „Crystallizer“  im Gepäck heizten sie den Fans mächtig ein und wurden dafür – zurecht – zu dieser frühen Uhrzeit schon schwer abgefeiert. Dem Heidi-Land sind mit Gotthard und Shakra schon große Hardrock-Bands entsprungen. Crystal Ball bewiesen in Pyras, dass sie sich hinter ihren Eidgenossen keinesfalls verstecken müssen.

Die kurzen Umbaupausen zwischen den ersten Acts wurden reiflich genutzt, um der Dehydrierung vorzubeugen. Wer dennoch schwächelte, hatte die Möglichkeit, etwas abseits der überdachten „Konzert-Scheune“ gemütlich auf Liegestühlen zu chillen und der Band Human Touch auf der Biergartenbühne zu lauschen. Mit Songs der 70er und 80er Jahre wurde das Publikum bestens unterhalten und sang teilweise lauthals mit.

Nach Crystal Ball wurde die Voltdrehzahl in der Scheune erhöht: Stinger präsentierten AC/DC auf ihre ganz eigene Art. Sänger Martin „Schaffi“ Schaffrath kreischte nah am Original und nicht nur Fans der australischen Rocklegenden kamen hier voll auf ihre Kosten. Energiegeladen und mit viel Spielfreude rockten Stinger durch ihr Set und versetzten die Zuschauer weiter in Feierlaune.

Anschließend spalteten die Backyard Babies die Gemüter. Die Fans der Punkrocker feierten den Auftritt der Schweden. Doch wer das Quartett zum ersten Mal live erlebte, dem ging das überhebliche Gehabe von Gitarrist Dregen einfach nur auf den Sack. Dregen quengelte an allem herum und ließ seinen Frust an seiner Gitarre oder dem Mikroständer aus. Professionell geht anders. Ein Totalausfall war der Auftritt dennoch nicht, denn Sänger Nicke Borg ließ die Starallüren von Dregen verblassen und überzeugte auf ganzer Linie.

Mr. Big, die Hardrocker aus den Staaten, zogen alle Register und begeisterten die Fans von der ersten Minute an. Sänger und Charmebolzen Eric Martin brachte das Publikum im Nullkommanichts auf seine Seite. Gitarrist Paul Gilbert und Bassist Billy Sheehan tauschten kurzzeitig Plektren gegen Bohrmaschinen und malträtierten damit ihre Instrumente.
Die Amis wechselten zwischen neuen Hits und alten Klassikern und natürlich durften „To Be With You“ und das Cat Stevens‘ Cover „Wild World“ auf der Setlist nicht fehlen. Der zeitlose Sound von Mr.Big vermag auch nach fast drei Jahrzehnten immer noch zu begeistern.

Im Rahmen ihrer „Incorruptible World Tour 2018“ legten Iced Earth auch einen Stop in Pyras ein. In der „Scheune“ wurde es jetzt so richtig kuschelig. Iced Earth begannen druckvoll mit „Great Heathen Army“ und nahmen mit „Dystopia“, „Vengeance Is Mine“ oder „The Hunter“ die Fans in den Schwitzkasten. Sound und Lichtshow waren perfekt abgestimmt und die Band ließ ihrer Spielfreude freien Lauf. Dies übertrug sich direkt auf das äußerst textsichere Publikum, welches jeden Song lauthals mitsang. Selbst der sonst so coole Mastermind Jon Schaffer konnte sich da das Grinsen hin und wieder nicht verkneifen.

Nach dem Abgang von Matthew Barlow musste sich Stu Block seinen Platz als Frontröhre über Jahre hart erkämpfen. Ab und zu hatte Stu zwar mit den hohen Stimmlagen zu kämpfen, doch dies machte er einfach mit seinem Charisma wett. Und auch den Fans waren die kleinen „Schnitzer“ egal; sie feierten die Band heftig. Doch gab es nicht nur voll auf die Zwölf von Iced Earth: Die Herren bescherten den Fans auch den Gänsehautmoment des Abends mit „Watching Over Me“, welches dem in diesem Jahr viel zu früh verstorbenen Vinnie Paul gewidmet wurde. Mit „Pure Evil“ ging ein fetter Gig der Amis zu Ende.

Saxon, die Urgesteine des NWoBHM, bewiesen wieder einmal eindrucksvoll, dass sie noch weit von der „Rocker-Rente“ entfernt sind. Sänger Biff Byford schüttelte seine lange weiße Mähne und mit „Thunderbolt“, „Sacrifice“ und „Motorcycle Man“ gingen die Altmeister direkt in die Vollen. Arthritische Ausfälle konnte man bei den Axtschwingern Doug Scarrat und Paul Quinn keine beobachten. Im Gegenteil: Doug ließ die blonde Matte fliegen und zusammen mit Paul dudelten sie ihre Griffbretter hoch und runter, dass einem fast schwindelig wurde. Auch Bassmonster Nibbs Carter zeigte keinerlei Verschleißerscheinungen und schraubte sich beim Bangen fast die Rübe vom Kopf. „Battering Ram“, „Power And The Glory“ und „747“ ließen die Fans steilgehen. Einfach unglaublich, mit wie viel Energie die Briten zu Werke gingen! Und auch die Fans ließen die Haare und die Fäuste fliegen.

„Crusader“ und „Princess Of The Night“ durften natürlich auf der Setlist nicht fehlen. Bei „Heavy Metal Thunder“ und „Wheels Of Steel“ wurden noch einmal die letzten Kraftreserven mobilisiert, bevor mit „Denim and Leather“ ein mehr als großartiger Auftritt von Saxon zu Ende ging.

Wer jetzt immer noch nicht genug hatte, der konnte mit Dr. Woo’s Rock’n’Roll Circus die Nacht ausklingen lassen, bevor dann um 1.00 Uhr endgültig Schluss war.

Ein Riesendank geht an die Veranstalter des kleinen, aber feinen Festivals – Concert Büro Franken. Geile Bands, gute und günstige gastronomische Versorgung und ein außergewöhnliches Ambiente machen den Reiz dieser tollen Veranstaltung aus. Hervorzuheben sind auch die vielen freundlichen Helfer, welche diesen Abend erst möglich machten. Wer Veranstaltungen wie z.B. das Wacken Open Air scheut wie der Teufel das Weihwasser, dem sei dieses tolle Festival ans Herz gelegt. Wir sind auf jeden Fall im nächsten Jahr wieder am Start und können kaum erwarten, dass die Brauerei wieder rockt!

(Text+Fotos: Sandra Baumgartl)

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