Das Raut Oak Festival in Riegsee hat vom 21.-23.07.2017 stattgefunden und alle Besucher in seinen magischen Bann gezogen. Vor traumhafter Kulisse und in entspannter Atmosphäre wurde den Fans ein wohl absolut einmaliges Programm geboten. Dem Ruf von Veranstalter Christian Steidl folgten die Bands zahlreich und fanden den Weg aus den entferntesten Ecken der Welt in die „Metropole“ Riegsee.
Auf einer grünen Wiese, mitten im Nirgendwo unter einer alten, knorrigen Eiche stand eine kleine aus Holz gezimmerte und mit einer Plane überzogene Bühne, rechts und links davon zwei große Pavillions mit Biertischen und Bänken. Ein Getränke- und Fressstand sorgten für das leibliche Wohl. Ein gutes Stück von der Bühne entfernt loderte ein kleines Lagerfeuer. Hier konnte man einfach nur die Seele baumeln lassen und dabei die grandiose Aussicht und die gute Musik genießen.
Braucht es mehr für das gewisse Festival-Feeling? Definitiv – nein. Vergesst „Rent-A-Tent“ und all den anderen Klimbim, welchen ihr auf großen Festivals mittlerweile überall findet und mit dem euch das hart erarbeitete Kleingeld aus der Tasche gezogen wird. Im tiefsten Oberbayern besinnt man sich auf das, was ein wahres Festival ausmacht: auf die Musik und nicht auf den Kommerz.
Das Line-up konnte sich sehen lassen und bot für jeden Fan etwas. Am Freitag eröffnete Reverend Deadeye aus den Staaten bereits um 17:00 Uhr. The Shady Greys aus den Niederlanden legten anschließend ordentlich nach. Catl. aus Kanada zogen die Fans zahlreich vor die Bühne, als das Duo den Acker rockte. Vor allem Blickfang Sarah Kirkpatrick mimte die kühle Blonde, welche beherzt auf ihre Standtrommel eindrosch und die Songs absolut lässig mit einer Wahnsinnsröhre ins Mikro rotzte.
Bei den Vagoos ging es anschließend ein Stück punkiger zur Sache. Die Rosenheimer legten einen astreinen Auftritt hin und mussten sich hinter den Größen der Szene auf keinen Fall verstecken. Nach einer kurzen Umbaupause wurde es richtig voll vor der kleinen Bühne, denn es folgte für die meisten Fans der Höhepunkt des Freitagabends: der Auftritt von John Wesley Myers alias James Leg. Von der ersten bis zur letzten Minute seines Gigs ließ der „Gott der Tasten“ seiner unbändingen Energie freien Lauf und riss das Publikum in jedem Augenblick mit. Mit seiner unglaublich tiefen, whiskygeschwängerten Stimme groovte er sich durch sein Set und hämmerte in die Tasten, als gäbe es kein Morgen. Sein dreckiger Orgelsound ließ die Fans komplett ausrasten und es bildete sich eine Art „Moshpit“! Keiner stand mehr still, als der „Hendrix der Orgel“ frenetisch abgefeiert wurde. Ein einmaliger Auftritt, welcher wohl noch lange im Gedächtnis bleiben wird.
Die Franzosen Mars Red Sky boten nach dem schweißtreibenden Auftritt von James Leg mit ihrem psychedelisch angehauchten Stoner-Rock, welcher auch schon mal in Richtung Doom abdriftet, genau die richtige Mischung, um wieder auf dem Boden der Tatsachen zu landen, sich zu erden und den Tag ausklingen zu lassen.
Am Samstag eröffneten die heißblütigen Griechen von den Screaming Dead Ballons den musikalischen Reigen. Und heiß war es im wahrsten Sinne des Wortes. Die Sonne brannte gnadenlos vom Himmel und verwandelte die idyllische Wiese in ein „Death Valley“ mit Aussicht. Die Fans machten das Beste daraus, suchten sich ein schattiges Plätzchen und zischten die ein oder andere Hopfenschorle, um den Körper auf Betriebstemperatur zu halten.
Bei den nächsten beiden Herren ging es glücklicherweise ruhiger zur Sache. Lonesome Shack schlug eher nachdenkliche Töne an, während es bei Brother Grimm sehr experiementiell und fast schon depressiv tönte. Musikalische Grenzen auszuloten und zu überschreiten gehört zu einem Brother Grimm-Gig einfach dazu.
DIE musikalische Überraschung des Abends waren für die meisten Fans wohl The Jack Wood aus dem fernen Sibirien. Die zierliche Fronterin Sasha mochte es gerne laut – seeeehr laut – und nörgelte anfangs an ihrem viel zu leisen Mikro und der zu leisen Gitarre. Nachdem die Regler bis zum Anschlag aufgedreht waren und die grazile Dame endlich mit dem Ergebnis zufrieden war, entpuppte diese sich als heißblütige Rampensau und brachte mit lasziven Bewegungen die Wiese zum brodeln. Den Herren der Schöpfung dürfte dieser Gig noch lange in Erinnerung bleiben.
Bei The Picturebooks vermutete man ihre Wurzeln im tiefsten Süden der Staaten, doch die beiden Herren Fynn Claus Grabke an der Gitarre und Philipp Mirtschink an den Drums stammen aus der Provinz, nämlich aus Gütersloh. Bikern bestens bekannt, cruisen die beiden doch mit ihren Maschinen von einem Harley-Treffen zum nächsten, gruben sie nicht den Klappstuhl, sondern die Gitarre und die Drums aus und entfesselten in Riegsee einen „Wardance“ vom Feinsten. Rockig und heavy bolzten sich The Picturebooks durch ihr schweißtreibendes Set und zogen die Fans in ihren Bann.
Die Black-Eyed Snakes hämmerten anschließend mit zwei Drums und zwei Gitarren ihre Setlist ins geneigte Publikum und verneigten sich musikalisch vor Größen wie John Lee Hooker. Die Left Lane Cruiser setzten dem Samstag dann die Krone auf. Das Duo rockte die Wiese, teilweise mit weiblicher Unterstützung von Sarah Kirkpatrick von Catl. Die Fans vor der Bühne pflügten noch einmal den Acker komplett um. Ein würdiger Abschluss eines grandiosen Tages, welcher leider vorzeitig wegen „Lärmbelästigung“ mit einem lauten Ruf nach „Slayyyyyyyyyyeeeeeer“ beendet wurde.
Nach einer strürmischen Nacht und einem urtypischen bayerischen Weißwurstfrühstück gaben sich am Sonntag noch P.O.P.E., Dirty Deep, 4Shades und Mount Hush die Ehre, bevor die einmaligen Colour Haze mit einem kompletten Set das Festival beendeten.
Das Raut Oak Festival war, um es mit den Worten von Fynn Claus Grabke von den Picturebooks zu sagen, ein Festival, welches in dieser Form einfach woanders nicht mehr möglich ist. Ein wohl einmaliges Line-up in einer traumhaften Kulisse die fast schon kitschig wirkt. Ein Riesendank geht an Veranstalter Christian Steidl, welcher keine Kosten und Mühen scheute, um dies alles möglich zu machen. Es gibt unzählige Festivals da draußen, aber keines ist so authentisch und einzigartig wie das Raut Oak am Riegsee.
Text: Sandra Baumgartl