Nachdem der erste Teil meiner ganz persönlichen Tour viele geniale Erinnerungen hinterlassen hatte, machte ich mich am Freitag, den 02.03.18 zusammen mit meiner Freundin und Kollegin Marion und dem Sepultura Tourfotografen Gorka auf Richtung Osteuropa. Gorka und ich widmeten uns ganz Sepultura und Marion nutzte die Tour um ausschließlich exzessives Sightseeing zu betreiben.
Am Freitagnachmittag landeten wir in der slowakischen Hauptstadt Bratislava. Der erste Eindruck von Bratislava war einfach nur „Wow – geile Stadt“, doch leider kam nur Marion in den Genuss, mehr davon zu entdecken. Die Show am Abend war ausverkauft und alle Bands wurden abgefeiert, als gäbe es kein Morgen wobei dies auch nicht anders zu erwarten war. Man stellte sich fast jeden Abend die Frage, ob denn die Gigs noch getoppt werden können und wurde doch wieder jedes Mal auf’s Neue überrascht, dass alle Bands im Laufe der Tour fast immer noch einen drauf setzen konnten. Und so waren die Erwartungen an Warschau und Danzig natürlich doppelt so hoch. Goatwhores Frontgrunzer Ben trat in Bratislava im Sitzen auf, denn ein Unfall in Rom bremste den sympathischen Hünen aus. Doch statt sein gebrochenes Bein zu schonen und die Tour abzubrechen, wurde ihm einfach kurzerhand ein Stuhl oder Showcase als Sitzgelegenheit auf die Bühne gestellt, dazu noch einige Flaschen „Painkiller“ in Form von Bier und Ben ließ jeden Abend Satan von der Leine!
Wenig Schlaf und unendlich viele Kilometer auf teils trostlosten Autobahnen ist der Preis dafür, die Lieblingsband in unterschiedlichen Ländern und Locations abzufeiern. Ist es das wert? Definitiv! Auch wenn man nur kurz in diversen Städten unterwegs ist, trifft man doch immer wieder verdammt nette Leute, welche die gleiche Leidenschaft teilen, vielleicht nicht ganz so extrem, aber doch findet man Gleichgesinnte, mit denen man direkt auf einer Wellenlänge liegt.
Das Proxima in Warschau war ein geiler, kleiner Club, welcher bis zum Bersten mit verrückten Fans gefüllt war. Auf der Bühne war kaum Platz vorhanden und so wurde kurzerhand der Graben vor der Bühne genutzt, um nicht benötigte Showcases oder Drums dort zu lagern. Die Roadies beförderten diese mit teils akrobatischen Verrenkungen an den richtigen Platz. Respekt an die Crews, welche jeden Abend hervorragende Arbeit leisteten. Als Fit For An Autopsy die Bühne enterten schien der gesamte Club schon zu explodieren. Heilige Scheiße ging es im Proxima ab! Und doch wurde sehr respektvoll miteinander umgegangen. Fotografen, welche den Graben wegen Platzmangels während der ersten drei Songs und Bands nicht nutzen konnten, wurde höflich Platz gemacht, damit diese ihre Fotos schießen konnten. Bei uns wäre dies einfach undenkbar. Da würde man noch mit einem Tritt in den Hintern aus der ersten Reihe befördert werden.
Goatwhore lieferten ihren bis dato besten Auftritt und „Klumpfuß“ und Schreihals Ben hielt es kaum noch auf seinem Sitz und Klampfer Sammy versuchte ihn mit einem lauten „Sit down“ am Aufstehen zu hindern und das Energiebündel fügte sich in diesem Fall seinem „Meister“! Und auch Obscura wurden im Proxima massiv abgefeiert und enterten wohl den meisten Zuspruch bis dahin.
Bei Sepultura wurde das Proxima zu einem einzigen großen Moshpit. So etwas muss man einfach einmal erlebt haben. Die polnischen Fans rasteten komplett aus und auch die Band war komplett überwältigt von der wahnsinnigen Energie, welche in dem Club herrschte. Ich habe schon unzählige Shows von Sepultura gesehen, doch Warschau war mit Abstand die verrückteste Metalsausse, die ich je erlebt habe. Schweiß und Alkohol flossen in Strömen und doch blieb die Atmosphäre entspannt.
Nach einer Mütze Schlaf ging es weiter Richtung Norden nach Danzig. Schon die Einfahrt in die Stadt war ein Erlebnis und der spätere Blick aus dem Hotelzimmer im 16. Stock raubte einem dem Atem. Danzig – das war Liebe auf den ersten Blick. Wir hatten nach der Show in Danzig einen freien Tag und entschlossen uns spontan, nicht mit der Band weiter nach Berlin zu fahren, sondern einen zusätzlichen Tag in der Hafenstadt einzulegen. Die Stadt blickt auf eine bewegte Geschichte zurück und davon sollten wir am nächsten Tag noch viel erfahren.
Das B90 war eine große, ehemalige Fabrikhalle im Hafengelände von Danzig. Der Laden, fast dreimal so groß wie das Proxima in Warschau, war beim Auftritt von Fit For An Autopsy doch noch recht übersichtlich gefüllt. Aber schon bei Goatwhore wurde es merklich voller und Ben röhrte sich wieder einmal die Seele aus dem Leib und wurde von den polnischen Fans frenetisch abgefeiert. Und auch TA am Bass lieferte jeden Abend eine Höchstleistung und ich freute mich immer mehr auf die Band, welche unbändige Energie versprühte. Neben mir stand ein junges Mädel, Ida, welche schon in Warschau ihre Helden Sepultura abfeierte und auch hier in Danzig bekam Ida das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht. Vor allem auch, weil sie vor der Show ihr Meet & Greet mit der Band hatte und aufgeregt aber mit einem strahlenden Lächeln mir davon und auch das sie selbst gerne ihre Drums verdrischt, erzählte. Mir ging bei so viel Freude einfach das Herz auf. Junge Fans zu sehen, welche die gleiche Liebe und Leidenschaft teilen. Dem Thema „Meet & Greet“ stehe ich als Hardcore Fan sehr zwiespältig gegenüber. Auf der einen Seite finde ich es eine gute Sache, die Möglichkeit zu bekommen, die Lieblingsband zu treffen, auf der anderen Seite bin ich aber dann doch eher der „Old Schooler“, welcher versucht die Jungs vor oder nach der Show, ohne finanziellen Ausgleich abzupassen.
Sepultura waren auch an diesem Abend einfach wieder überragend und die Spielfreude der Band sprang direkt auf die Fans über. Circle Pits, fliegende Haare und Fäuste gab es wohin man sah und seinen Platz in der ersten Reihe musste man sich hart erkämpfen. So muss das sein! Nach der Show verteilten Sepultura noch Pleks und Ida bekam von Eloy einen Drumstick. Sie war sprachlos und vor Freude den Tränen nah. Ich war happy für das sympathische Mädel und wusste, dass sie diesen Augenblick wohl noch zig Mal durchleben und nie mehr vergessen würde.
Am nächsten Tag stand nun auch für Gorka und mich Sightseeing auf dem Programm. Während Marion schon am Vortag die Schönheiten der Stadt entdeckte, zog uns Danzig bei einer Stadtführung komplett in seinen Bann. Und da wir nicht genug von der Stadt bekommen konnten, heuerten wir einfach einen Stadtführer privat an und tauchten noch mehr in die wechselvolle Geschichte von Danzig ein. Als Zugabe fuhr unser Reiseleiter mit uns noch nach Sopot, dem mondänen Ostseebad mit der längsten hölzernen Seebrücke Europas. Den Abend ließen wir feucht-fröhlich und typisch polnisch im Restaurant Swojski Smak bei „Pierogi“ (gefüllte Teigtaschen) und leckerem Wodka ausklingen. Die Auswahl fiel dabei nicht leicht, denn mind. 150 verschiedene Sorten Wodka sind hier im Angebot. Marion und Gorka ließen sich die unterschiedlichen Geschmäcker auf der Zunge zergehen und bescherten mir damit den wohl lustigsten Abend auf der ganzen Tour. Weitere Einzelheiten wird es nicht geben, denn wie heißt es so schön? Was in Danzig passierte, bleibt auch in Danzig! 🙂
Nach Danzig waren wir für den dritten Teil der Tour gut gerüstet. Wie es in Berlin, Hamburg, Saarbrücken, Stuttgart und München weiterging könnt ihr im nächsten Teil meiner ganz persönlichen Tour nachlesen.
(Text: Sandra Baumgartl + Fotos: Gorka Rodrigo)
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