LIKE A STORM Interview – Voodoo, Batman und Didgeridoos

Dass man waschechten Neuseeländern in Hamburg begegnet, passiert nicht alle Tage. Und wenn sie dann auch noch E-Gitarren und ein Didgeridoo im Gepäck dabei haben, können es nur die drei Brüder von LIKE A STORM sein, die ihren modernen Hard Rock erstmals auf deutschem Boden präsentieren. Und das mit enormem Erfolg, denn ein junges Publikum zu überzeugen, das eigentlich auf den Hauptact Black Veil Brides wartet, ist alles andere als leicht. Doch mit ihrem neuen Hit-Album „Awaken The Fire“ und einer fetten Ladung Down Under Charme konnten LIKE A STORM trotz ihres kurzen Sets zahlreiche Schreianfälle verursachen – wir fingen den Jüngsten der Brüder, Matt Brooks, in der Markthalle ab, um zu horchen, warum man sie als „hardest working band on earth“ bezeichnet…

Hi Matt, toll, dass ihr es nach Deutschland geschafft habt! Ihr habt euer letztes Album nicht nur während der Tour geschrieben, sondern auch aufgenommen. Wie ist das überhaupt möglich, schleppt ihr ein komplettes Studioequipment mit euch herum? Und bekamt ihr nie Morddrohung von Hotelzimmernachbarn?
Nein, wir wollten unbedingt unser neues Material herausbringen, aber bekamen ständig so geniale Tourangebote, dass es gar nicht anders möglich war – also haben wir Touren und Studioarbeit kombiniert. Wenn wir dann in ein Hotel kamen, baten wir an der Rezeption immer darum, ein Zimmer zu kriegen, das völlig abseits von allen anderen Gästen liegt, aber die meinten immer nur: „Ach, das passt schon, unsere Gäste sind sehr tolerant!“. Das konnten wir nicht ganz glauben, aber es gab niemals Schwierigkeiten, wenn wir nachts im Hotel unsere Musik spielten. Wir haben unser eigenes mobiles Aufnahmestudio immer dabei und deshalb war es kein Problem unser Album unterwegs aufzunehmen.
Macht die Tatsache, dass ihr drei Vollmitglieder Brüder seid, das Touren einfacher oder schwieriger? [Anm.d.Red: Der nicht verwandte Drummer Zach ist nur auf Tour dabei]
Ich glaube, wenn du 24/7 mit jemandem unterwegs bist und kaum Rückzugsmöglichkeiten hast, gibt es immer irgendwann Stress, egal wie gut man sonst miteinander auskommt. Mit der eigenen Familie auf Tour zu sein, hat aber den Vorteil, dass sich niemand zurückhält. Wir sprechen immer sofort aus, was wir denken und fressen nichts in uns hinein, weil wir genau wissen, wie die anderen ticken und deshalb ist auch keiner schnell beleidigt. Wir fetzen uns gewaltig, aber sind eine Stunde später wieder die besten Kumpels. Außerdem ist es genial, dass wir diese ganzen Erlebnisse auf Tour miteinander teilen können und da als Familie drinstecken.
Aber war es immer so leicht mit euch oder gab es Zeiten in eurer Kindheit, in der ihr euch leidenschaftlich gehasst habt? Wer hat damals wem das Spielzeug geklaut?
Haha, ich kann mich gar nicht beschweren, wirklich! Oftmals ist es schwer, der Jüngste in der Familie zu sein und ich hatte damals viele Freunde, die ebenfalls das kleinste Kind aus der Familie waren und denen wurde rund um die Uhr in den Arsch getreten! (lacht) Aber Kent und Chris waren nie diese älteren Horrorbrüder, die dich im Schrank eingesperrt haben, sondern wir kamen super miteinander klar, vielleicht hauptsächlich, weil wir alle diese Leidenschaft zur Musik hatten. Zwar spielten wir damals in unterschiedlichen Bands, aber trotzdem saßen wir oft zusammen, jammten gemeinsam oder gaben uns Tipps.

Ihr seid die erste erfolgreiche Hard Rock Band, die ein Didgeridoo in ihrer Musik verwendet. Soweit ich weiß, ist das Instrument extrem schwierig zu spielen, also wie kamt ihr dazu? Oder ist Didgeridoounterricht die Down Under Variante zum obligatorischen Klavierspielen, zu dem man als Kind gezwungen wird?
Nein nein, Chris hat es sich vor einigen Jahren selbst beigebracht, was wirklich cool war, denn wie du schon sagtest, es ist eins der schwierigsten Instrumente der Welt. Wir haben schon so viele Leute kennengelernt, die nach der Show zu uns kamen und meinten „Ey, ich hab auch so ein Teil Zuhause, aber ich verstehe einfach nicht, wie man es spielt!“. Aber Chris lernte es als Teenager, nachdem er bei einem Urlaub in Australien so ein Didgeridoo ergattet hatte und sobald er begriff, wie es ging, versuchten wir, es unbedingt in unsere Musik einzubauen, weil es der krasseste Sound war, den wir je gehört hatten. Auf dem neuen Album „Awaken The Fire“ gingen wir sogar noch einen Schritt weiter und setzten es als Hard Rock Instrument ein. Wir wussten, dass es entweder fantastisch oder total schrecklich klingen wurde! (lacht) Aber neumodische E-Gitarre und dieses uralte Didgeridoo machen sich ganz gut als Pärchen und wir hatten diese Kombination noch bei keiner anderen Band gehört.
Es ist tatsächlich eine geniale Scheibe geworden, die euch sehr aus der üblichen Rock-Menge herausstechen lässt. Aber ihr wart ja sogar noch mutiger bei der Trackauswahl und habt mit Coolios ‚Gangster’s Paradise‘ einen Rap-Klassiker auf Rock getrimmt. Wie kamt ihr auf diese Idee, oftmals wollen diese beiden Genres ja gar nicht miteinander in Verbindung gebracht werden.
Das ist eine lustige Story. Nachdem wir sehr lang im Studio gearbeitet hatten, wollten Chris und ich uns eine Pause gönnen und wir gingen abends aus, aber waren geistig immer noch in diesem Songwritingprozess. Demnach nahmen wir alles, was wir hörten auseinander und als unsere eigenen Songs an und als dann ‚Gangster’s Paradise‘ gespielt wurde, redeten wir sofort darüber, wie geil dieses Lied eigentlich ist und wie cool es wäre, wenn eine Band mal ein heftiges Rock Cover davon spielen würde – und irgendwann fiel uns auf: „Ach Moment, wir spielen ja selbst in einer Band…“, also gingen wir zurück und anstatt weiter an den Songs zu arbeiten, die gerade in der Mache waren, wie ‚Never Surrender‘ oder ‚Break Free‘, verbrachten wir den ganzen Abend damit, an ‚Gangster’s Paradise‘ herumzudoktern. Was also eigentlich ein Mitternachtsexperiment war, klang zum Ende der Albumaufnahmen so gut, dass wir beschlossen, es ebenfalls auf die Scheibe zu packen.
Als ich mich im Internet über euch schlaugelesen habe, bin ich zufällig über ein „Albumreview“ bei Amazon gestoßen, das ein „besorgter Vater“ dort hinterlassen hat und ich fand es so herrlich abstrus, dass ich gern deine Meinung dazu hören würde. Ich zitiere von einem User aus den USA: „I was even more disturbed when I visited their website. It is completely covered with occult imagery and has a merch store which sells band-branded voodoo dolls and quija boards, which should offend any good parent […] So either this band is practicing and advertising dangerous, satanic occultism or they are mocking, bastardizing and cheapening voodoo magic.“ [Anm.d.Red.: Mittlerweile wurde diese Rezension wieder entfernt, befand sich jedoch auf der Verkaufsseite von „Awaken The Fire“ bei Amazon]

Hahaha, oh Mann! Naja, weißt du, das Schöne an Musik ist, dass sie subjektiv ist und die Meinung von einer Person nicht mehr oder weniger wert ist, als die einer anderen. Aber… wow, das ist wirklich das erste Mal in meinem Leben, dass sich jemand zum Image unserer Band äußert und uns allen Ernstes als „satanische Musikgruppe“ wahrnimmt. Sicherlich hat die Person ein Recht darauf, sich durch etwas, das wir tun, auf die Füße getreten zu fühlen, aber wenn sie mit einem solchen Blick durch die Welt geht, wird sie doch davon ausgehen, dass die Hälfte der Menschheit Satanist ist, nur weil jemand einen Totenkopf auf dem Shirt trägt oder sowas. Und… ehrlich, wir sind eigentlich ganz nette Kerle und freuen uns immer, wenn wir unsere Fans treffen dürfen und wir fressen garantiert keine kleinen Kinder.
Schade, ich hätte da noch einen Auflauf dabei gehabt… nein, aber mich würde dennoch interessieren, woher der Voodoo-Aspekt stammt, entwickelte sich das aus der native/digeridoolastigen Seite eurer Musik?
Nicht einmal das, es entstand einfach durch den Song ‚Wish You Hell‘, den wir spaßeshalber als „Voodoo Metal“ bezeichneten. Dadurch kamen wir auf die Idee mit den Püppchen im Merchandise. Aber wir waren dennoch immer fasziniert von dunkler Magie und Voodookult, allerdings nur auf der visuellen Ebene. Es gibt enorm viele Voodooelemente, die sich in der Popkultur wiederfinden und es gefiel uns. Weißt du, als wir ‚Wish You Hell‘ schrieben, erinnerte es uns stark an einen alten Delta Blues Song, wovon wir immer große Fans waren und Blues ist etwas sehr Düsteres, obwohl es nur auf einer Akustikgitarre gespielt wird. Und diesen Spirit wollten wir einfangen und mit Hard Rock verbinden und dazu passten plötzlich diese Rachetexte von ‚Wish You Hell‘. Und ja, vermutlich gibt es da draußen ein paar einzelne Leute, die das schockierend finden, aber jeder, der sich ein bisschen mit uns auseinandergesetzt hat, weiß, dass wir in Wirklichkeit keine Medizinmänner sind, die Nadeln in Puppen hämmern.
Bleiben wir mal beim Gedanken der Aufklärung: Ihr habt diese Textpassage „I’d rather be a freak than be a fake“ und in dem ganzen Song dreht es sich darum, authentisch aber auch tolerant zu sein. Von wem habt ihr in eurer Kindheit die meiste Toleranz gelernt, war es in der Schule oder von euren Eltern?
Beides tatsächlich. Wir wuchsen in Neuseeland auf und das ist ein sehr fortschrittliches, weltoffenes Land, deshalb war unsere Schulbildung sehr gut. Aber auch unsere Eltern brachten uns früh bei, dass wir so sein sollten, wie wir es wollten und dass es letztendlich egal ist, ob anderen dein Aussehen gefällt, solange du mit dir selbst zufrieden bist. Der Song ‚Love The Way You Hate Me‘ wurde inspiriert von einer Begebenheit auf Tour: Wir waren auf einer Autobahnraststätte in den USA und mein Bruder Kent lief zur Tankstelle und jemand nannte ihn „Freak“, weil er mit seinen rot-schwarz-gefärbten Haaren ein wenig anders aussah, Daraus nahm Kent die Inspiration zu einem Song, der einen darin bestärken soll, so herumzulaufen, wie man es gut findet. Denn es gibt immer Leute, denen dein Aussehen missfällt, das muss aber nicht deine Sorge sein, solange du selbst zufrieden bist.
Gibt es Dinge, die du immer wieder auf Tour mitnimmst, aber niemanls benutzt?

Oh, früher war das ganz schlimm. Mittlerweile habe ich meinen Koffer etwas aussortiert, um nicht mehr so viel unnötigen Mist herumzuschleppen, aber ich kann dir mal was Lustiges über mein Gepäck erzählen: Es enthält zwanzig Mal genau dieselbe Kleidung! Ich trage jeden Tag den gleichen Kram und wenn du meinen Koffer öffnest, wirst du nur eine einzige Farbe sehen und das ist schwarz. Zwanzig Paar schwarze Socken, zwanzig schwarze Boxershorts, zwanzig schwarze T-Shirts. Beim Zoll denken die immer, ich sei verrückt oder stinklangweilig, aber wieso soll ich bunte Kleidung einpacken, wenn ich sie sowieso nie trage? Die einzige Ausnahme ist mein Batman-Kram. Ich bin ein riesiger Batman-Freak und unsere Fans sind so lieb, dass sie mir oft Merchandise schenken, deshalb habe ich nochmal zehn verschiedene Batman-Shirts im Koffer.
Das passt jetzt gut zu meiner Abschlussfrage: Wenn du eine Disneyfigur wärst, wer würdest du sein?
Disney? Puh, das ist schwer… wer wärst du denn?
Öh… Ich habe mich als Kind immer als Ariel verkleidet und so getan, als sei ich eine Meerjungfrau…
Haha, das ist cool. Ich weiß es für mich aber immer noch nicht, wir schauten so viele Disneyfilme als ich klein war, aber meine Faszination lag immer eher bei den Superhelden und eben insbesondere Batman! Ich liebe jeden einzelnen Film, den sie jemals gemacht haben – die Christopher Nolan Trilogie war fantastisch, aber genauso stehe ich auch auf die alten Sachen wie „Batman Forever“ mit Jim Carrey. Es war zwar wie ein Cartoon, aber als Kind konnte ich mich daran niemals sattsehen!

Interview: Anne Catherine Swallow

 

error: Content is protected !!