Sie sind weder ein Manowar- noch ein Nightwish-Abklatsch – obwohl viele die Old School-liebenden Finnen anfangs in die falsche Schublade steckten, werden sie nun massenhaft bekehrt, denn mit diesen Ohrwurmhymnen und keyboardlastigem Heavy Metal fällt es verdammt schwer, BATTLE BEAST nicht gut zu finden. Trotz ihres jungen Alters werfen die Biester nun bereits ihr drittes Album auf den Markt und können mit ihren Tour-Referenzen mächtig herumprotzen gehen. Doch Gitarrist und Songwriter Anton Kabanen ist eher ein schüchternes, wortkarges Kerlchen, das sich zu Beginn des Interviews wenig plapperfreudig zeigte, aber nach zehn Minuten langsam auftaute und daraufhin stolz über sein neues Album „Unholy Saviour“ berichtete, was am 9. Januar in die Regale hüpft.
Sound Infection: Du bist während des Songwritingprozesses durch harte Zeiten und einige Krisen gegangen, wer oder was war demnach für dich dein „Unholy Saviour“?
Anton Kabanen: Der Titel hat natürlich mehrere Hintergründe, aber für mich ist ein „Unholy Saviour“ jemand, der einem aus dem gedanklichen Sumpf befreit, in dem man oftmals festsitzt, und dafür sorgt, dass man seine spirituelle Reise fortsetzen kann. Dann gibt es aber auch noch die Anspielung auf die Mangaserie „Berserk“, die mich seit Jahren inspiriert. Ich kann mich gut mit den düsteren Charakteren identifizieren und komme immer wieder auf die Serie zurück, wenn ich nach Inspiration suche. Hauptsächlich ist es aber dieses ewige Rad des Lebens, das mich beschäftigt und ich hoffe immer, dass ich niemals zum geistigen Stillstand komme, sondern immer neue Ideen und Sichtweisen in meinem Alltag erhalte.
Also hat es keinen religiösen Hintergrund. Bist oder warst du denn jemals ein gläubiger Mensch?
Nein, ich habe mich nie für irgendeine Religion interessiert, auch nicht als ich noch ein Kind war. Deswegen ist „Unholy Saviour“ auch nicht als Anspielung auf irgendeinen religiösen Retter zu verstehen.
Wenn es also nicht Religion ist, was dir immer wieder Hoffnung gibt, was ist es dann, was dich aus solchen mentalen Krisen, wie du sie beschrieben hast, herausholt?
Ich habe irgendwie das Gefühl, dass es gar keine andere Möglichkeit gibt, als weiterzumachen. Man muss seine Straße einfach konsequent entlanglaufen und genau das will ich auch, selbst wenn es mir mal beschissen geht. Ich finde, dass jedes Gefühl sich in einen Song verwandeln lässt, egal, ob man sich gut oder schlecht fühlt – meist ist es nicht möglich, das was man empfindet anständig mit anderen Leuten zu teilen, außer eben in Form von Musik. Somit wurde sie zu einer Art Therapie für mich.
Dennoch überrascht es mich, dass du deine Songs offenbar aus einer depressiven Grundstimmung heraus schreibst, denn ganz ehrlich: Wenn ich BATTLE BEAST höre, versetzt es mich sofort in gute Laune und ich will die Musik wortwörtlich abfeiern, deshalb ging ich davon aus, dass du auch ein eher lebensfroher Mensch bist.
Hehe, das ist schön zu hören. Unser Markenzeichen ist eben diese Energie in fast jedem Song, egal wie die Texte sind. Bei den Liveshows fällt mir das besonders auf, dort ist es nebensächlich, wie unsere Lyrics sind, es geht nur um diese Musik und das Livefeeling, jeder feiert dazu und das freut mich natürlich zu sehen.
Ich war ein wenig irritiert von eurem neuen Video zu ‚Madness‘, muss ich gestehen. Versteh mich nicht falsch, ich finde den Song selbst genial, aber bei dem Clip habe ich ununterbrochen nach einem Zeichen gesucht, dass ihr die Sache ironisch meint. Wie kamt ihr dazu, dieses Rock’n’Roll-Klischee mit den leichtbekleideten Tänzerinnen darzustellen, obwohl es gar nicht zu dem Song passt?
Um ehrlich zu sein… als wir mit dem Regisseur das erste Treffen hatten, setzte ich mich mit ihm zusammen und versuchte, ihm meine Idee zu erklären. Ich stellte mir eine ganz bestimmte Story und Atmosphäre vor, aber er sagte mir von vorn herein: Anton, das wird nichts, dafür haben wir nicht genügend Geld. Deshalb mussten wir uns einschränken und ich gebe zu, dass das Video wirklich gar nichts mit dem Song und seiner Aussage zu tun hat. Ich verstehe also, worauf zu hinaus willst.
Was war denn deine eigentliche Idee für das Video?
Ähnlich wie das, was ich vorhin schon bezüglich des Albumtitels erklärt habe. Ich sehe ‚Madness‘, also „Wahnsinn“, als eine spirituelle Waffe des Menschen, die uns vorantreibt und im Leben weiterbringt. Und das wollte ich in Metaphern und Symbole umsetzen, ein paar Charaktere dazu erschaffen, aber ich habe gerade große Probleme, es anständig in Worte zu fassen.
Am Anfang von ‚I Want The World… And Everything In It‘ gibt es ein gesprochenes Sample, woher stammt das, ist es aus einem Film?
Es ist aus „Scarface“, jener Szene, wo die beiden Protagonisten im Auto sitzen und diskutieren. Es sprach mich sehr an und passte gut zu meinen Texten, außerdem sind viele meiner Lyrics über einen Film, ein Buch oder Computerspiel, eben Dinge, in denen ich mich selbst wiederfinde. In „Scarface“ teile ich beispielsweise manche Ansichten mit dem Hauptcharakter und deshalb sprach mich das so an, dass ich dachte: Hey, das verdient doch einen Song. Der Protagonist will einfach alles haben und uns in der Band geht es ähnlich, wir wollen so weit wie möglich kommen, natürlich so erfolgreich werden, wie es nur geht, aber natürlich auch auf persönlicher Ebene. Und ich dachte, mit dem Gedanken können sich viele Hörer identifizieren, denn jeder hat Träume und im Prinzip geht es in dem Song darum, deinen Wünschen nachzugehen.
Wann hingegen, glaubst du, sollte man aufgeben und sich eingestehen, dass Träume nur Träume bleiben?
Dieses Album war für mich ziemlich paradox, ich hatte mich zuvor viel mit dem Gedanken des Aufgebens beschäftigt und mir wurde immer mehr klar, dass ich gar nicht genau wusste, was ich eigentlich will. Man ist in so einer „Jeckyl & Hyde“-Situation und kann sich einfach nicht entscheiden, ob man mit seiner Musik weitermacht oder nicht, die eine Seite schreit wie verrückt danach, die andere will einfach nur ihre Ruhe und sich zurückziehen. Ich kann anderen nicht sagen, was sie machen sollen mit ihren Träumen, aber sie müssen auf sich selbst hören, ihren eigenen Platz in der Welt finden und dann ihre eigenen Prioritäten setzen. Ich mag die Frage, aber habe keine klare Antwort dafür. Nur für mich selbst kann ich sagen, dass ich bis ans Äußerste gehen möchte, um meine Ziele zu verwirklichen.
Wo wir von Extremen sprechen – leider habe ich noch nicht die Lyrics zu „Speed And Danger“ vorliegen, aber der Titel legt ja im ersten Moment nahe, dass es sich um schnelle Autos und Draufgänger handelt. Stimmt das, oder ist das totaler Quatsch?
Das ist witzigerweise der einzige Song auf dem Album, der keinem ernsteren Thema folgt, sondern einfach nur auf einem Computerspiel basiert, das ich gerne als Kind in den 90ern spielte. Ein finnisches Spiel namens „Death Ralley“. Deshalb ist der Song einfach eine kleine Anekdote und Hommage an meine Vergangenheit, und wie der Titel schon sagt, natürlich nichts, was man zu ernst nehmen sollte.
Ihr habt euch der alten Schule verschrieben, was Heavy Metal angeht – bist du der Meinung, dass Metal sich in den letzten Jahrzehnten zu sehr von seinen Wurzeln entfernt hat oder bist du, im Gegenteil, sogar recht froh darüber, dass ihr somit nochmal ein Alleinstellungsmerkmal für Battle Beast gefunden habt?
Ja, ich bin in der Tat recht glücklich darüber, dass wir uns mit unserem klassischen Heavy Metal in der Minderheit befinden, somit stechen wir ziemlich heraus. Auf der anderen Seite muss ich gestehen, dass ich es heutzutage schwer finde, noch Bands zu finden, die mich faszinieren. Die „jüngsten“ Bands, die ich liebe, haben alle ihre Karriere vor mindestens zehn Jahren begonnen, wie Nightwish beispielsweise, Mann, ich liebe Nightwish! Die sind eine der besten Bands, wenn nicht sogar DIE beste. Außerdem finde ich es schade, dass jüngere Acts ihre Musik oftmals so überladen, anstatt sich auf das Eigentliche zu konzentrieren. Oftmals habe ich das Gefühl, Musiker wollen nur andere beeindrucken, wenn sie mega-epische, schnelle oder komplizierte Sachen spielen, dabei
finde ich, dass ein Song eigentlich nur dann gut ist, wenn man ihn auf eine Grundmelodie reduzieren kann und er auch mal nur auf einer Akustikgitarre oder auf dem Klavier gespielt toll klingt. Wenn dir das nicht gelingt, dann ist es kein guter Song, da hilft nicht einmal gute Produktion. Das ist jedenfalls meine Vorgehensweise beim Songwriting – ich möchte, dass jedes meiner Lieder immer noch gut klingt, wenn ich es nur auf Gitarre und Vocals reduziere. Keyboards spielen bei uns zwar auch eine große Rolle und ich liebe sie unglaublich, aber trotzdem sind meine Songs noch sehr simpel und leicht zugänglich. Okay, viele sagen, unsere Musik sei vorhersehbar und dem stimme ich auch zu, aber andererseits macht es den Leuten den Zugang viel leichter. Sie können sofort mitsingen. Ähnlich ist es bei meinen uralten Lieblingssongs aus den Achtzigern, selbst nachdem ich sie hundert Mal gehört habe und blind mitsingen kann, finde ich immer noch kleine Details, die mir vorher nicht aufgefallen waren. Und das ist genial!
Jetzt mal von Nightwish-Fan zu Nightwish-Fan, Anton: Was ist dein Lieblingssong von Tuomas Holopainen und seiner Truppe?
Oh, ich würde sagen ‚Dead To The World‘. Der Refrain ist solch ein Ohrwurm. ‚End Of All Hope’vom selben Album finde ich auch geil oder den finnischen Track ‚Kuolema Tekee Taiteilijan‘.
Okay, das war’s von meiner Seite aus. Ich danke dir und freue mich drauf, euch im Vorprogramm von Sabaton zu sehen!
Danke, ja, das wird toll, wir haben 40 Shows anstehen, das wird eine enorm große Nummer!
Fangt die finnischen Biester in Deutschland ab, live im Vorprogramm von Sabaton:
09. Januar: Turbinenhalle, Oberhausen
10. Januar: Event Hall, Geiselwind
16. Januar: MHP Arena, Ludwigsburg
17. Januar: Stadthalle, Langen (DE)
19. Januar: Huxley’s, Berlin
04. Februar: Tonhalle, München
11. Februar: Garage, Sarbrücken
14. Februar: Alsterdorfer Sporthalle, Hamburg
12. August: Summer Breeze, Dinkelsbühl
Interview: Anne Catherine Swallow, Fotos: Juuso Soinio / Aki Anttila)