Europe – Walk The Earth Tour 2017
Dienstag, 28.11.2017 München, Backstage Werk
Support: Black Tape Lion
Es war im Jahr 1986 als Europe mit dem Hit „The Final Countdown“, vom gleichnamigen dritten Album, der internationale Durchbruch gelang. Die gutaussehenden, langhaarigen Schweden mit der dauergewellten Matte und dem Hauch Lipgloss auf den Lippen, knackten damals weltweit die Spitzen der Charts und brachen unzählige (Klein)Mädchenherzen. Und auch heute noch löst „The Final Countdown“ bei den Hardcore-Fans wahre Freudentaumel aus, während der Rest nur noch Brechreiz verspürt.
Fans aller Altersklassen, von sechs bis sechzig, fanden an diesem Abend den Weg nach München ins Backstage. Der Altersdurchschnitt lag irgendwo bei Mitte Vierzig und dies machte sich dann später auch während der Show bemerkbar. Headbanger waren die Ausnahme und die gealterten (Teilzeit)Rocker beschränkten sich auf klatschen, mitsingen und Füße im Takt wippen.
Den Abend eröffneten Black Tape Lion. Das Werk war zu diesem Zeitpunkt vielleicht bis zur Hälfte gefüllt und auch später beim Headliner war es doch recht übersichtlich in der großen Halle. Die jungen Regensburger mit ihrem rockigen, teils punkigen Sound bemühten sich redlich das Publikum auf ihre Seite zu ziehen, doch die Münchner ließen sich, wie so oft, nicht leicht aus der Reserve locken. An den spielerischen Fähigkeiten der Jungs gab es nichts zu mäkeln doch bei den meisten „alten“ Hard-Rockern hinterließen sie kaum Eindruck, es fehlte einfach die eigene, besondere Note. Zu austauschbar klangen die Songs und der „Löwe“ schnurrte mehr als das er brüllte. Einzig mit einem Tom Petty Cover von „Free Fallin“ schienen Black Tape Lion einige Fans zu überzeugen. Doch die Band ist noch jung und hat genügend Potential um ihren eigenen Stil zu finden. Nach ca. vierzig Minuten war Schluss und die Vorfreude auf den Headliner des Abends stieg gewaltig.
Obwohl der Bühnenumbau schnell erledigt war, dauerte es noch einmal ca. eine dreiviertel Stunde bis Europe endlich die Bühne enterten. Die Schweden starteten mit „Walk The Earth“ ins Set und die Stimmung stieg schlagartig. Sänger und Wirbelwind Joey Tempest nutzte den Platz auf der Bühne und wusste sich gekonnt in Szene zu setzen. Auch mit Mitte Fünfzig und ohne Dauerwelle und Lipgloss hat Joey nichts von seiner charismatischen Ausstrahlung verloren. Mit seinem jungenhaften Zahnpastalächeln eroberte er alle (Frauen)Herzen im Sturm und die vielen, vor allem weiblichen Fans in den ersten Reihen, fraßen dem Schönling aus der Hand. Auch stimmlich schien die Zeit spurlos an Joey vorübergegangen zu sein. Gitarrist John Norum und Basser John Leven ließen es da schon ruhiger angehen. Die beiden Bewegungslegastheniker konzentrierten sich auf ihr Spiel und überließen das Rennen und Springen ihrem Frontmann. Drummer Ian Haugland hatte zwar seine Haare zu Hause gelassen (ha ha!), dafür aber umso mehr Energie und Kraft im Gepäck. Bei einem Drumsolo, unterlegt mit Rossinis „William Tell Overture“ bewies Haugland seine Qualitäten und machte hinter den Kesseln dem „Tier“ aus der Muppet Show Konkurrenz. Und auch Mic Michaelis Keyboard hatte nichts zu lachen und Mic ließ die Tasten glühen.
Mit „Rock The Night“ wurde schon früh im Set der erste Klassiker den Fans in die Ohren gedrückt bevor es mit „Hole In My Pocket“, „Last Look Of Eden“, „New Love In Town“ und „Heart Of Stone“ weiterging. Bei dem genialen Instrumental „Vasastan“ stellte „Schwergewicht“ Norum seine Fingerfertigkeit eindrucksvoll unter Beweis. Richtig laut wurde es noch einmal bei „Superstitious“ und „Cherokee“, welche von den Fans lauthals mitgegrölt wurden. Und natürlich durfte „The Final Countdown “ auf der Setlist nicht fehlen und Europe brachten damit noch einmal das ganz besondere 80er Feeling ins Backstage.
Europe können zwar nicht mehr an ihre Erfolge aus den Achtzigern anknüpfen, doch live sind die Schweden immer noch eine Bank. In der aktuellen Form der Band wird es noch eine Weile bis zum „Final Countdown“ dauern.
(Text: Sandra Baumgartl)