Sacred Reich – 30 Years Of Ignorance European Tour 2017
Mittwoch, 09.08.2017 München Backstage, Halle
Support: Kryptos
Das Free & Easy Festival vom 20.07. – 05.08.2017 lockte 17 Tage lang unzählige Besucher ins Backstage. Konzerten aller Stilrichtungen konnte man für lau lauschen und so war es nicht verwunderlich, dass am Mittwoch, 09.08.2017, die Backstage Halle nicht ausverkauft war, obwohl Sacred Reich, ein Hochkaräter aus der glorreichen 80er Thrash Ära, den Schuppen zum Beben brachte. Und als wäre dies noch kein ausreichender Grund ins Backstage zu pilgern, standen Sacred Reich unter dem Motto „Everybody is a VIP“ ab 19:00 Uhr am Merchandise stand, schüttelten Hände, signierten mitgebrachte LPs und andere Mitbringsel oder ließen sich mit einem breiten Grinsen im Gesicht mit den Fans fotografieren. Eine wirklich Klasse Aktion von der sich Bands, welche ihre Fans für ein „Meet & Greet“ abzocken, eine große Scheibe abschneiden können.
Pünktlich um 20:00 Uhr eröffneten die Exoten Kryptos, aus dem fernen Indien, den Abend. Denkt man an Indien, fällt einem spontan bestimmt nicht Heavy Metal ein, sondern eher kitschige Filme in denen schmachtende dunkelhaarige Schönheiten singend und tanzend auf der Suche nach der großen Liebe über die Mattscheibe flimmern. Doch Indien kann auch anders und zwar direkt und voll auf die Fresse wie Kryptos eindringlich bewiesen. Fetter Old School Metal mit thrashigen Riffs donnerte aus den Boxen und brachte die Halle auf Temperatur. Das Quartett zockte sich mit sichtlicher Spielfreude durch sein Set und konnte die ersten Schädelschwinger für sich verbuchen. Einzig das Dauergrinsen in den Gesichtern der Jungs ließ einen Hauch von Bollywood durch das Backstage wehen.
Nach einer kurzen Umbaupause und mittlerweile gefühlten 50 Grad enterten Sacred Reich die Bühne. Auch nach dreißig Jahren und mind. 30+ kg mehr auf den Rippen hauten Phil Rind und seine Mannen immer noch mächtig in die Saiten. Der Auftakt begann furios mit „Ignorance“ und „Administrative Decisions“. Die Texte der Amis sind aktueller denn je und Phil unterstrich dies noch mit einer eindringlichen Ansage an die Fans, dass wir in einer „kranken und verrückten Welt leben doch wir sollten uns alle den Spaß nicht verderben lassen“. Wo er recht hat, hat er recht und so ging es direkt mit Old School Thrash weiter.
Obwohl sich Sacred Reich eher sparsam auf der Bühne bewegten und es kaum Action gab, machte dies das Quartett mit seiner Präsenz locker wett. Die Herren sind halt auch nicht mehr die Jüngsten und gehen straff auf die 50 zu. Und auch der Altersdurchschnitt im Werk lag jenseits der 40 und so ließen die Fans die Haare, oder das was davon übrig war, fliegen und nur die jüngeren eröffneten einen Pit während die älteren sich aufs Mitbrüllen der Songs konzentrierten.
Die Halle wurde im null komma nichts zur Sauna und der Schweiß rann von der Decke und aus allen Körperöffnungen. Immer wieder schallten Sacred Reich-Rufe durch das Backstage. Auf der Setlist waren u.a. noch Schätze wie „Love…Hate“, „Victim of Demise“, „Violent Solutions“, „Who’s to Blame“, „Free“, „Independet“ oder ein geniales Black Sabbath Cover von „War Pigs“ zu finden. Wiley Arnett und Jason Rainey schüttelten mit einer Coolness und Leichtigkeit ein geniales Riff nach dem anderen aus dem Ärmel und Greg Hall verdrosch seine Drums nach Strich und Faden und ließ fette Doublebass-Attacken vom Stapel. Phil grinste während des ganzen Gigs wie ein Honigkuchenpferd, suchte dauernd den Kontakt zu den Fans und unterhielt das Publikum mit kleinen Geschichten. Ein Geburtstagskind im Saal bekam Pleks und Drumsticks geschenkt und Sacred Reich widmeten dem völlig aufgelösten Kerl, welcher vor Freude durch die Gegend hüpfte, auch noch einen Song. Besser geht’s kaum noch. Mit „Surf Nicaragua“ ging ein Thrashgewitter vom Feinsten im Backstage zu Ende.
Es ist erstaunlich mit welcher Spielfreude und Perfektion Bands aus meiner Jugend auch heute noch überzeugen. Die gleichen Acts, welche mich als Teenager vor mehr als 25 Jahren in den Bann zogen schaffen es auch heute noch mich komplett aus den Latschen zu hauen. Sacred Reich gehören definitiv in die Reihe meiner Lieblingsbands aus den Achtzigern. Da ihre Auftritte eher rar gesät sind, sollte man jede Gelegenheit nutzen die sympathische Truppe live zu erleben.
Text+Fotos: Sandra Baumgartl