Ohrenfeindt – Tanz Nackt Tour 2019
Freitag, 15.02.2019 München, Backstage Halle
Support: Lendgold
Wer am Freitag, den 15.02.2019, mit dem Auto nach München reiste, dem konnte es schon passieren, dass er vor spontanen Straßensperren stand, auch wenn für die Blockaden nicht die „berühmt-berüchtigten“ Kiez-Rocker von Ohrenfeindt verantwortlich waren, sondern die Münchner Sicherheitskonferenz. Dafür bescherten die Hamburger Jungs der Münchner Backstage Halle ein fast ausverkauftes Haus.
Los ging es pünktlich um 20:00 Uhr mit Lendgold aus Köln. Auch wenn der Name des aktuellen Albums „Auf nach Tschikkawikka“ nach Kaspermucke à la „Kölle Alaaf“ schreit, wird wider Erwarten dem geneigten Hörer ein abwechslungsreiches Rockbrett kredenzt bei dem selbst Funkenmariechen aus dem Häuschen geraten würde. Lendgold punkteten mit anspruchsvollen Texten und knackigen Gitarrenriffs und zogen immer mehr Fans in ihren Bann und brachten schon einiges an Stimmung in die gut besuchte Bude. Mit viel Applaus wurde der Auftritt belohnt und das Trio genoss sichtlich den Zuspruch.
Nach der steilen Vorlage von Lendgold enterten Ohrenfeindt unter lautem Jubel die Bühne und ließen den „Porschekiller“ von der Leine. Mit „Wir sind Ohrenfeindt aus St. Pauli und wir spielen Roggenroll“ kündigte Frontröhre Chris Laut, die zarteste Versuchung am Bass seit Lemmys Tod, in feinster Motörhead Manier das Motto des Abends an. Und die sonst eher gemütlichen und schwer in die Gänge kommenden Bajuwaren bekundeten ihre Begeisterung. Das Trio Infernale warf den „Motor an“ drückte auf’s Gaspedal und teilte anschließend gewaltig aus, denn „Auf die Fresse ist umsonst“ und die ersten Reihen mutierten direkt zum „Bum Bum Ballett.“ Die Stimmung und vor allem auch die Temperatur in der Halle stiegen immer weiter und während sich die Nordlichter mit einem „Kalten Kaffee und ’n trockenes Stück Brot“ begnügten, griffen die Münchner dann doch zum kühlen Blonden, um den Durst zu löschen und unter lauten „Hey-hey hey-Rufen“ gingen Ohrenfeindt zusammen mit den Fans „Jetzt oder Nie“ der Frage „Bist Du glücklich?“ auf den Grund.
Ob man sich als „König oder Rebell“ fühlte stellten Ohrenfeindt ihren Anhängern frei. Doch als es um den guten Zweck ging, dann überließen Chris und seine Mannen nichts dem Zufall und baten um Spenden für „Viva con Agua“, denn jeder hat ein Recht auf Wasser. Besonders lag den Rockern das Kinderhospiz „Sternenbrücke“ am Herzen. Die Mitarbeiter der „Sternenbrücke“ begleiten junge Menschen und ihre Angehörige nicht nur in der letzten Lebensphase, sondern auch auf dem oft jahrelangen Krankheitsweg. Und die Fans spendeten fleißig und über die Jahre kamen schon mehr als EUR 30.000,- für den guten Zweck zusammen. Vor allem galt der Dank von Ohrenfeindt auch den Fans mit Handicap, welche viele, oft beschwerliche Hürden auf sich nehmen um die Band live zu erleben.
Nach so viel Ernsthaftigkeit ist es nicht einfach, wieder in den Partymodus zu wechseln und Ohrenfeindt erhoben erst noch einmal mit „So nicht“ den Zeigefinger gegen die Ignoranten dieser Welt. Die Stimmung war auf dem Höhepunkt und nicht nur das „Motormädchen“ sondern die komplette Backstage Halle verfiel dem „Rock’n’Roll Sexgott“. Der Aufforderung „Tanz nackt“ wurde nicht ganz Folge geleistet und jeder behielt seine Klamotten am Leib. In dem Song geht es nicht darum sich zu entblössen sondern zu zeigen, wer man wirklich ist, verstecken viele in Zeiten von Instagram & Co. doch ihr wahres Gesicht. Nachdem auch die Münchner ihr „Herz an St. Pauli verlorn“ hatten, erteilten Ohrenfeindt ihren Fans „Im Namen des Herren“ die Absolution und drehten mit „Strom“ noch einmal die Voltzahl auf Anschlag. Und obwohl bei einigen „Ohrenfreundten“ vor lauter Überanstrengung die Sicherungen schon durchgebrannt waren, bewies nicht nur Chris „Schwarz auf Weiß“, dass er ein wahrer „Rockstar“ ist. Zu guter Letzt wurde den Fans noch der „Ohrenfeindt“ durch die Lauscher geblasen, bevor eine megageile norddeutsch-bayrische Sause ihr Ende fand.
Ohrenfeindt – die harten Rocker mit den butterweichen Herzen bringen live jeden Schuppen zum Kochen. Man nehme eine Portion AC/DC würzt das Ganze mit einem Schuss Motörhead. Dazu gibt man den „Sexiest Waschbärbauch am Bass Alive“ mit Reibeisenstimme, Charmbolzen „Keule“ an der Axt und „Drum-Monster“ Andi, und das Rock-Rezept „schmeckt“ einfach perfekt. Dazu noch ihr soziales Engagement – wer kann da einem Ohrenfeindt widerstehen?
Text+Fotos: Sandra Baumgartl