Testament – Brotherhood Of The Snake Tour 2017
Donnerstag, 23.11.2017 München, Backstage Werk
Support: Annihilator, Death Angel
Thrash til Death war das Motto am Donnerstag, den 23.11.2017 im Münchner Backstage Werk, denn die Bay Area Thrash Giganten von Testament schlugen wieder einmal in der Landeshauptstadt auf. Als Anheizer hatten sie keine Geringeren als Death Angel und Annihilator im Gepäck. Ein Metal-Paket welches schmerzende Nackenmuskeln garantierte.
Anfang der Achtziger war die Bay Area (Gebiet um die Bucht von San Francisco) eine der Brutstätten des Thrash Metal und Bands wie Metallica, Exodus oder Testament erblickten hier das Licht der Welt. Auch Death Angel, die Teenies mit philippinischen Wurzeln und dem damals 9-jährigen Drummer Andy Galeon, entsprangen jener Bay Area.
Mehr als drei Jahrzehnte später haben, die ehemals jungen Wilden nichts von ihrem Biss verloren und dies stellten sie auch im Backstage eindrucksvoll unter Beweis. Death Angels Frontröhre und Rampensau Mark Osegueda sprang wie wild über die Bühne und ließ dabei die lange, leicht ergraute Matte, fliegen. Auch bei Flitzefinger Rob Cavestany gab es keinerlei Anzeichen arthritischer Ausfälle und zusammen mit Ted Aguilar rotzte er ein messerscharfes Riff nach dem anderen in den Menge. Die Band strotzte vor Spielfreude und Energie und Mark forderte, das wie so oft schwer in die Gänge kommende Münchner Publikum, zu mehr Bewegung auf. Death Angel bliesen den Fans ein fettes Thrash Brett durch die Lauscher und der eher bescheidene Sound fiel durch die geile Show der Amis kaum ins Gewicht. Ein Auftakt wie er besser nicht sein konnte.
Nachdem Death Angel den Abriss gekonnt eingeläutet hatten, enterten Annihilator die Bühne des mittlerweile rappelvollen Backstages. Die Stimmung und auch die Temperatur in der Halle stiegen schlagartig noch um einige Grad als Jeff Waters seiner Axt die ersten Töne entlockte. Gleich zu Beginn mit „One To Kill“ und „King Of The Kill“ ließen Annihilator keinen Zweifel an der totalen (Thrash)Vernichtung aufkommen. Jeff tobte mit einem fetten Grinsen im Gesicht über die Bühne und suchte ständig den Kontakt zum Publikum. Und die Schädelschwinger ließen jetzt im Akkord die Haare fliegen und es kam mehr und mehr Bewegung in den Laden. Es ist einfach immer wieder erstaunlich mit welcher Präzision Jeff seine Klampfe beackert und dabei über die Bühne wirbelt. Der Typ hat’s einfach drauf und ist der geborene Entertainer. Doch auch seine jungen Mitstreiter waren spielerisch eine Klasse für sich. Bleibt zu hoffen, dass das aktuelle Line-Up von längerer Dauer ist, denn obwohl Jeff wie der nette, sympathische Kumpel von nebenan wirkt, scheint er doch, zumindest was Annihilator angeht, kein einfacher Zeitgenosse zu sein. Verschleißt er doch Bandmitglieder wie andere ihre Unterwäsche. Und auch zwischen den Songs wusste Jeff seine Fans zu unterhalten, zum Beispiel während er erklärte er fühle sich als Kanadier zwischen Death Angel und Testament wie in einem Bay Area(Thrash)Sandwich. „Alison Hell“ darf auf keiner Setlist fehlen und so gaben die Münchner noch einmal alles und grölten mit Annihilator um die Wette, um dann die heißgelaufenen Stimmbänder mit einer Hopfenschorle zu kühlen bevor dann Testament zur finalen Zerstörung ansetzen konnten.
Das Intro erklang und als Erster betrat Drummer Gene Hoglan die Bühne, um dann direkt hinter seiner riesigen Schießbude zu verschwinden. Bei Testament schienen alle Regler auf Anschlag zu stehen, denn ein brachialer Sound und eine eindrucksvolle Lichtshow gaben dem Gig den letzten Schliff. Vom ersten Moment ihres Sets an fraßen die Headbanger den alten Haudegen aus der Hand. Nach mehr als drei Jahrzehnten im Geschäft und mehr als 30 Kilo mehr auf den Rippen ist Bandhäuptling Chuck Billy mit seiner Wahnsinnsröhre der unangefochtene Platzhirsch von Testament. Doch auch der Rest der Band zeigte sich charismatisch ohne Ende. Eric Peterson und „Ladies Darling“ Alex Skolnick ließen ein geiles Killerriff und Speedattacken vom Stapel als wäre dies ein Kinderspiel, während Chuck seine Fingerfertigkeiten an seinem Mikroständer beim „Luftgitarre“ spielen bewies. Die Zeit schien in Sachen Spielfreude und Präzision komplett spurlos an Testament vorbeigegangen zu sein und die Axtfraktion und auch Hoglan hinter den Kesseln stellten bei einem Solo ihre musikalischen Qualitäten unter Beweis. Alte Hits wie „Souls Of Black“, „Practice What You Preach“ oder „Over The Wall“ knallen heute kraftvoller denn je und die Fans feierten eine fette Thrash Messe mit Circle Pits und rotierenden Nackenmuskeln. Testament legten das Backstage, wie nicht anders zu erwarten, in Schutt und Asche und hinterließen nach ihrem Gig glückliche und verschwitzte Fans.
Nach diesem Metal-Brett darf man sich unweigerlich die Frage stellen, welche Bands in der Lage sind die Nachfolge dieser Thrash Giganten anzutreten. (Thrash)Metal Bands, welche mich schon in meiner Teenagerzeit Mitte/Ende der Achtziger begeisterten, stehen auch heute noch an der Spitze des Genres und spielen gnadenlos jeden Newcomer in Grund und Boden. Vor dem (Thrash)Metal Nachwuchs liegt ein hartes Stück Arbeit um die Thronfolge antreten zu können. Bis dahin lassen wir uns auch weiterhin von den Helden unserer Jugend grandiosen Thrash Metal durch die Lauscher blasen.
(Text+Fotos: Sandra Baumgartl)